„Nur wenn wir bereit sind, mit der Zeit zu gehen“, werde der Fußball weiterhin eine rosige Zukunft haben, sagte Rainer Koch bei einer gemeinsamen Veranstaltung des SE Freising und der Freisinger Bank am Mittwochabend. Koch,  Präsident des Bayerischen Fußballverbands und DFB-Vizepräsident, wollte aber trotz der wachsenden Herausforderungen kein düsteres Bild malen und gab sich grundsätzlich optimistisch was die Entwicklung des Fußballs angeht. Er mahnte aber, rechtzeitig auf gesellschaftliche Veränderungen zu reagieren. Feldhandball sei auch einmal eine große Nummer gewesen, so Koch, und sei heute komplett verschwunden.

Dem demografischen Wandel sei es geschuldet, dass die Rekrutierung von Nachwuchsspielern immer schwieriger werde, räumte er ein. Außerdem habe sich das Freizeitverhalten total verändert. Die Menschen seien heute stark erlebnis- und eventorientiert. Viele der jungen Leute seien nicht mehr bereit, dreimal die Woche zu trainieren und am Wochenende zu spielen und das fast das ganze Jahr über. Sie wollten jedes Wochenende etwas anderes tun. Auch sei der „Bindungswille“ an einen Verein nicht mehr so ausgeprägt wie früher. Die Gesellschaft, so Koch, sei heutzutage „eventisiert, mobilisiert und flexibilisiert“. Die Vereine müssten daher ihr Vereinsleben dem gesellschaftlichen Wandel anpassen. Auch Vereinsfußball und freiwilliges Engagement wollten „erlebt“ werden, müssten „erlebbarer“ werden. Highlights müssten geschaffen, Lokalderbys  und Relegationsspiele herausgestellt und aufbereitet werden. Es sei bestimmt leichter, zweimal im Jahr 1000 Zuschauer zu haben, als den Zuschauerschnitt insgesamt um 30 anzuheben.

Koch sprach auch den Wertewandel an, der nicht nur Erlebnis- und Kommunikationsbedürfnisse betreffe. Von den Sportlern würden heute attraktive Rahmenbedingungen und Angebote im Sinne eines Dienstleistungsservices erwartet. Eltern wollten für ihre Kinder eine hochwertige sportliche Ausbildung durch qualifizierte und kompetente Trainer. Die gestiegenen Qualitätsanforderungen müssten aber auch mit dem traditionellen Bedürfnis nach Geselligkeit in Einklang gebracht werden. Der BFV-Präsident bedauerte in diesem Zusammenhang, dass sich zwar der Anteil von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in den Vereine stark erhöht habe, aber es kaum gelinge, Migranten für die ehrenamtliche Arbeit in den Vereinen zu gewinnen. Koch hält es außerdem für problematisch, dass in den kleinen Vereinen die gesamte Arbeit ehrenamtlich erledigt werde, und mit Ausnahme des Trainers der 1. Mannschaft keiner eine finanzielle Entschädigung erhalte. Die Finanzierungsstruktur in den Vereinen, sagte er, müsse grundlegend verändert werden.

Aber auch sonst müsse viel verändert werden. Die Vereine müssten auch für Ältere Angebote schaffen, um deren Wunsch nach Gesundheitsfürsorge nachzukommen. Es müsse auch wieder versucht werden, mehr Frauen für den Fußballsport zu gewinnen und Kinder schon in den Grundschulen, etwa durch Futsal-Turniere, zu gewinnen. Immer wieder höre er in diesem Zusammenhang das Gejammer, „was sollen wir denn noch alles tun“.  Es gehe aber nicht darum, immer mehr, sondern das Richtige zu tun, sagte Koch. „Um unsere Sportart attraktiv zu halten, müssen wir permanent über Veränderungen des Vereinslebens nachdenken“, so der Präsident, der 4500 Fußballvereinen in Bayern vorsteht.

Wenn die jungen Menschen ihre Zeit in den sozialen Netzwerken verbrächten, seien Fußballvereine und auch der BFV gefordert, Teil dieser Aktivitäten zu sein und die Potenziale des Netzes zu nutzen. Der Verband habe deshalb seine Online-Angebote zuletzt ständig ausgeweitet und werde dies auch weiterhin tun. So werde derzeit versucht, mit einer speziellen Videotechnik auch Amateurspiele bis hinunter zur Landesliga in hoher Qualität und vollautomatisch live zu übertragen. Die wichtigsten Ausschnitte sollen dann an den jeweiligen Liveticker angehängt werden. Die entsprechenden Kameras würden derzeit bereits überall in den Stadien installiert.

Der ein oder andere ergraute Vereinsfunktionär mag zwar unter den ständig wachsenden Aufgaben stöhnen, sagte Koch. „Aber wenn wir bereit sind, uns dem veränderten Zeitgeist zu stellen“, seien die Herausforderungen auch zu schaffen. „Es gibt keinen Grund zur Resignation“.